Montag, 24. Januar 2011

der Kasten Pils
betäubt die
eingebettete Seele
im zuckenden Fleischklumpen
das Kopfkino
läuft auf Hochtouren
danebengedacht
ist wie auf dünner Eisschicht
eingebrochen
eisige Tiefe
beschreibt
ein anderes Leben

Samstag, 15. Januar 2011

Leo

Was mir fehlt
Deine Zunge in meinem Stoppelgesicht
Deine wilde Lust im Weizenfeld
Deine Nasenstupser

Ball zerbeißen
Herz zerreißen

Was mir bleibt
drei Fotos
acht blue bells
der nahende Winter

Montag, 10. Januar 2011

Kneipenwelt Bretleben

hier hat der wahre Sozialismus
nun wirklich nichts zu suchen
nach dem zehnten Bierdeckelstrich
erzähle ich wieder mal
von meiner geplanten Flucht
in den Westen
niemand hier drin
kann damit etwas anfangen
alles dreht sich um
längst versprochene Autoreifen
sowie um überfällige Kiesfuhren
und um die noch ausstehende
schnapsrunde am Nachbartisch
an der Theke prügeln sich
zwei entgegenschwankende Männer
mit Worten
auf einem Stuhl in einer Ecke
singt jemand mit wachsender Begeisterung
zum fünften mal dasselbe Lied
das bereits entschiedene Fussballspiel
wird seit einer Stunde lautstark und hilflos
korrigiert
ein viel zu kleiner Junge
möchte seinen betrunkenen Vater
endlich nach Hause bringen
irgendwo im Halbdunkel
splittert ein Weinglas am Boden
die dazugehörige Frau
versteckt die Tränen um einen Mann
der ihr längst nicht mehr gehört

immer wieder werden Geschichten erfunden
und wahr getrunken

Jenseits

kinderlachen
längst verloren
märchen
längst vergessen
beiseitegeschoben
in verstaubte Kisten
auf dunklem Dachboden
einfach zu lange gewartet
in düsteren Räumen
neben dem Licht
ohne wirkliche Sucht
nach dem Draußen-Leben
jenseits der Fenster

In Errinnerung an Pedro

irgendwo am Atlantik
Sonne färbt Haut
Wellen schlagen gegen Fels
Barfuß zwische Belichtung und Muschelsuche
Unendlich viel Zeit haben
hören
hinsehen
wahrsein


weit weg zu Hause
schiebt sich Blech ineinander
Glas splittert
Blut auf Asphalt
Absperrung aus Blaulicht
nicht hören
nicht hinsehen
nicht wahrsein

Im Zimmer

im zimmer
misst einsamkeit
verbleibende stunden
im sekundentakt
draussen
malt die nacht
fensterscheiben undurchsichtig
immer wieder
verliert sich
mein blick
am pendel der alten wanduhr
fast unbemerkt
einem unterseeboot gleich
tauche ich
immer tiefer
in stille

Herbst

 nebel und neonlicht
zeit der kartoffelernte

wolkenschwer
drängt himmel gegen stilles meer aus ziegelrot
wind
zupft mit spitzen fingern
welkes,letztes laub
sommer
flieht durch kahle bäume
gezähmte drachen
malen bunten abschied
auf stoppelfelder

Gegen

Gegen
Die erdachten Lügen
Heimlich
Strohblumen mitgebracht
draussen glitzert Kälte im Schnee
Drinnen Bahnhofshalleneinsamkeit
Liebe ist doof
Weiss auf roter Backsteinwand
Und doch
Ich mag dich
Später
Wenn der Zug hält
Bleibt Zeit für uns
Gegen
Die erdachten Lügen

Feststellung

heute abend
liebe ich dich
ohne widerrede
wegen zuviel bier
und einer laune
sämtliche zweifel
verwandeln sich
in lästige fliegen
sammeln sich
auf verschmutzter deckenlampe
viel zu früh
bläst der morgen
seinen kalten wind
durchs geöffnete fenster
was bleibt
ist eingetrockenes sperma
auf zerwühltem kissen
und die lust
es noch mal zu tun
mit bellenden hunden im kopf
versuche ich
den neuen tag
mit warmen duschstrahl
zu ertränken

Es Regnet

Es regnet
Staub auf Fensterscheiben
Abgespultes Tonband
Unterm Bett
Manchmal Tränen
Verpasstes Glück
Im Hinterhaus
Heimliche Tränen
Versteckte Wünsche
Unterm Ziegeldach
Dicht hinter dem Regen
Ein Bahnhof ohne Gleise

Ein spaltbreiter Morgen

Nacht bleibt zurück
Im zerknautschten Kopfkissen
Fenster Gardinenverhangen
Ein spaltbreiter Morgen
Grau und Benzingestank
Am Spiegel im Badezimmer
Löst sich langsam das Traumbild auf
Zwei Fliegen über halbgefülltem Zuckerglas

Der Tag
Riecht nach Kaffee und Brötchen

Dorfkirche

flutendes Sonnenlicht
gesplittertes Mosaik
grasbewachsenes Mauerwerk
hölzernes Kreuz zerbrochen
am stumpfen Sandstein

nachts
Eulen und Fledermäuse
und Stille

die Nordsee

Nordsee wirft
Schaumkronen
als Wellenreiter
gegen den Strand
Muscheln werden
getragen, geschoben
ausgestoßen, zerrieben
Sequenzen aus
Abschied und Wiederkehr
vor dem ersten Dünengras
zittern summende Drachen
neuen Windböen entgegen
mit geschlossenen Augen
und der Jacke als Segel
bin ich bereit für die Reise
zum Horizont

Beerdigung

time to say good bye
und Nieselregen
eine viel zu eng
sitzende Krawatte
schnürt mir den Hals
der Pfarrer hebt
die blaue Urne
gegen den Pulk
aus schwarzen Schirmen
fast scheint der Kiesweg
zu schmal
für die sich langsam
in Bewegung
setztende Menge
am Grab
vermischen sich
verstümmelte Blumen mit Erde
Tränen zerstören
kunstvoll aufgetragenes make up
stereotyp werden Hände
gereicht,gedrückt,entzogen
später draußen
hinter dem großen schmiedeeisernen Tor
kehre ich allmählich zurück
in mein kleines anonymes Leben

Arbeitslos

der Morgen
ist bereits
drei Stunden alt
meine Lust
ihn anzunehmen
hat die Größe
einer Streichholzschachtel
mit geschlossenen Augen
und zuviel Pfefferminzzahnpasta
im Mund
lasse ich meine zwei Ideen
für den Tag
im Badewasser ertrinken

Andere Zeit

andere Zeit
andere Gesichter
andere Freude
andere Liebe
andere Errinerungen
hinter dem Deich
anderes Meer
mit windgefüllten Segeln

Am Fenster

aus grauem Himmel
flutet Regen
gegen Fensterscheiben

Pfützen
füllen gierig ihre Bäuche
warten auf die bunten
Gummistiefel


am Fenster
träume ich mich hinein
in tobenden Wasserspaß

Abschied von einem Freund

ein nicht geführtes Telefongespräch
ein nicht zu Ende geschriebener Brief
ein nicht ausgesprochener Gedanke
Abschied von einem Freund

Korn und Bier
als täglich Brot
gib den
entbehrbaren
glaubhaften
zweifelnden
unmodernen
schizophrenen
Leuten
die beim
Kotzen
Tolettenbrillen
verschmieren
und wie
ein Wehrwolf
die eine zuckende
gesichtsentgleisende
Wahrheit
ungeschminkt
nach draussen
tragen
Amen.